Neue Maschinenverordnung: Stärkung der Cybersicherheit im Maschinenbau

Die zunehmende Vernetzung von Produktionsanlagen stellt den Maschinenbau vor neue Herausforderungen im Bereich der Cybersicherheit. Als Antwort darauf hat die Europäische Union die Maschinenverordnung (EU) 2023/1230 verabschiedet, die ab 2025 in Kraft tritt. Diese Verordnung markiert einen Wendepunkt in der Industrie, indem sie erstmals verbindliche Cybersicherheitsanforderungen für Maschinen und Anlagen festlegt.

Hersteller, Importeure und Anwender von Maschinen stehen vor der Aufgabe, ihre Sicherheitskonzepte grundlegend neu auszurichten. Neben der physischen Sicherheit rückt nun der Schutz vor digitalen Bedrohungen in den Mittelpunkt. Von der Konstruktion über die Produktion bis hin zum Betrieb müssen Maschinen künftig gegen Cyberangriffe abgesichert sein.

Dieser Artikel beleuchtet die zentralen Aspekte der neuen Maschinenverordnung im Bereich Cybersicherheit. Wir erläutern die konkreten Anforderungen, präsentieren praxisnahe Beispiele aus dem Maschinenbau und zeigen auf, welche Schritte Unternehmen jetzt unternehmen müssen, um zukunftsfähig zu bleiben. Entdecken Sie die neue Ära der Maschinensicherheit und erfahren Sie, wie Sie die bevorstehenden Herausforderungen meistern und die sich bietenden Chancen nutzen können.

Warum ist Cybersicherheit bei Maschinen wichtig?

In der zunehmend vernetzten Industrie sind Maschinen und Anlagen immer häufiger mit dem Internet und untereinander verbunden. Dies ermöglicht zwar effizientere Prozesse und Fernwartung, macht die Systeme aber auch anfällig für Cyberangriffe. Ein erfolgreicher Angriff könnte nicht nur zu Produktionsausfällen führen, sondern im schlimmsten Fall auch Sicherheitsrisiken für Arbeiter oder die Umwelt darstellen.

Konkrete Anforderungen der neue Maschinenverordnung an die Cybersicherheit

Die neue Maschinenverordnung stellt spezifische Anforderungen an die Cybersicherheit von Maschinen und zugehörigen Produkten. Diese Anforderungen, festgelegt in Anhang III, Abschnitt 1.1.9, zielen darauf ab, die Integrität und Sicherheit von Maschinen in einer zunehmend vernetzten Fertigungsumgebung zu gewährleisten.

Für Hersteller und Betreiber im Maschinenbau ergeben sich daraus folgende konkrete Verpflichtungen:

Sichere Konnektivität

Die Maschine bzw. das dazugehörige Produkt muss so konstruiert und gebaut sein, dass der Anschluss von einer anderen Einrichtung an die Maschine oder das dazugehörige Produkt durch jede Funktion der angeschlossenen Einrichtung selbst oder über eine mit der Maschine bzw. dem dazugehörigen Produkt kommunizierende entfernte Fernzugriffseinrichtung nicht zu einer gefährlichen Situation führt.

Maschinen müssen so konstruiert sein, dass der Anschluss externer Geräte oder Fernzugriffe keine Gefährdung darstellen.

Eine Maschine könnte beispielsweise mit einer integrierten Firewall und sicheren Authentifizierungsmechanismen für die einzelnen Schnittstellen ausgestattet sein, um so unbefugte oder potenziell gefährliche Zugriffe zu verhindern.

Schutz kritischer Hardware

Ein Hardware-Bauteil, das Signale oder Daten überträgt, die für den Anschluss oder den Zugriff auf die Software relevant sind, die für die Übereinstimmung einer Maschine oder eines dazugehörigen Produkts mit den einschlägigen Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen von entscheidender Bedeutung ist, muss so konstruiert sein, dass es angemessen gegen unbeabsichtigte oder vorsätzliche Korrumpierung geschützt ist. Maschinen bzw. dazugehörige Produkte müssen Beweise für ein rechtmäßiges oder unrechtmäßiges Eingreifen in das genannte Hardware-Bauteil sammeln, soweit es für den Anschluss oder den Zugriff auf die Software relevant ist, die für die Konformität der Maschinen bzw. dazugehörigen Produkte von entscheidender Bedeutung ist.

Hardware-Komponenten, die für sicherheitsrelevante Signale oder Daten zuständig sind, müssen angemessen gegen unbeabsichtigte oder vorsätzliche Korrumpierung geschützt sein. Die Maschine muss Eingriffe in diese Komponenten nachweisen können.

Bei einer Maschine könnte dies bedeuten, dass die Steuerungseinheit in einem verschlossenem Gehäuse untergebracht ist und nur kryptografisch signierten Code bzw. Befehle ausführt.

Schutz kritischer Software und Daten

Software und Daten, die für die Übereinstimmung der Maschine oder des dazugehörigen Produkts mit den einschlägigen Sicherheits- und Gesundheitsschutzanforderungen von entscheidender Bedeutung sind, sind als solche zu benennen und angemessen gegen unbeabsichtigte oder vorsätzliche Korrumpierung zu schützen.

Sicherheitsrelevante Software und Daten müssen als solche gekennzeichnet und angemessen gegen Korrumpierung / Manipulationen geschützt werden.

In einer automatisierten Fertigungslinie könnte dies durch verschlüsselte, digital signierte Steuerungssoftware umgesetzt werden, die in einem geschützten Speicherbereich ausgeführt wird.

Kenntlichmachung sicherheitsrelevanter Software

Die Maschine bzw. das dazugehörige Produkt muss die installierte Software, die für den sicheren Betrieb erforderlich ist, kenntlich machen und diese Informationen jederzeit in leicht zugänglicher Form bereitstellen können.

Die Maschine muss die für den sicheren Betrieb erforderliche installierte Software kenntlich machen und diese Informationen jederzeit leicht zugänglich bereitstellen können.

Ein Panel an der Maschine kann beispielsweise bei jedem Start und auf Anfrage im Bedienermenü die Versionsnummer und den Prüfsummen-Hash ihrer sicherheitskritischen Firmware anzeigen. Dies ermöglicht dem Bedienpersonal eine schnelle Überprüfung der Softwareintegrität.

Aufzeichnung von Änderungen

Maschinen bzw. dazugehörige Produkte müssen Nachweise für ein rechtmäßiges oder unrechtmäßiges Eingreifen in die Software oder eine Veränderung der in Maschinen bzw. dazugehörigen Produkte installierten Software oder ihrer Konfiguration sammeln.

Die Maschine muss Nachweise für rechtmäßige oder unrechtmäßige Eingriffe in die installierte Software oder deren Konfiguration sammeln können.

Eine Maschine könnte dafür z.B. ein kryptografisch gesichertes Änderungsprotokoll führen, das alle Updates, Konfigurationsänderungen und Zugriffsversuche aufzeichnet.

Diese Anforderungen zielen darauf ab, die Integrität und Sicherheit von Maschinen und zugehörigen Produkten zu gewährleisten, indem sie vor unbefugten Eingriffen und Manipulationen geschützt werden. Sie betonen die Notwendigkeit, sowohl Hardware als auch Software gegen Korrumpierung zu schützen und Veränderungen nachvollziehbar zu machen.

Die vollständigen Anforderungen finden sich in der Verordnung (EU) 2023/1230 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2023 über Maschinenprodukte. Der genaue Wortlaut der Cybersicherheitsanforderungen ist in Anhang III, Abschnitt 1.1.9 der Verordnung zu finden.

Zusammenspiel von Maschinenverordnung und dem Cybersecurity Act

Die neue Maschinenverordnung berücksichtigt auch das Zusammenspiel mit bestehenden EU-Regelungen zur Cybersicherheit. Insbesondere wird eine Verbindung zum Cybersecurity Act (Verordnung (EU) 2019/881) hergestellt. Die Maschinenverordnung legt fest, dass Maschinen und zugehörige Produkte, die gemäß einem anerkannten Schema des Cybersecurity Acts zertifiziert wurden oder für die eine entsprechende Konformitätserklärung vorliegt, als konform mit bestimmten Anforderungen der Maschinenverordnung gelten.

Konkret bezieht sich dies auf die Anforderungen zum Schutz vor Korrumpierung (Anhang III, Abschnitt 1.1.9) und zur Sicherheit und Zuverlässigkeit von Steuerungssystemen (Anhang III, Abschnitt 1.2.1). Diese Konformitätsvermutung gilt, soweit die jeweiligen Anforderungen durch das Cybersicherheitszertifikat oder die Konformitätsbescheinigung abgedeckt sind.

Diese Regelung schafft Synergien zwischen den beiden Verordnungen und vermeidet unnötige Doppelzertifizierungen. Sie erleichtert es Herstellern, die bereits Cybersicherheitszertifizierungen nach dem Cybersecurity Act durchgeführt haben, die Anforderungen der neuen Maschinenverordnung zu erfüllen. Gleichzeitig wird ein kohärenter Ansatz zur Cybersicherheit über verschiedene EU-Regelungen hinweg gefördert.

Zusammenspiel von Maschinenverordnung und dem Cyber Resilience Act

Die neue Maschinenverordnung steht auch in engem Zusammenhang mit dem Cyber Resilience Act (CRA). Für Produkte, die sowohl unter die Maschinenverordnung als auch unter den CRA fallen, müssen Hersteller die Anforderungen beider Regelwerke erfüllen. Der CRA erkennt dabei an, dass es Überschneidungen bei den Cybersicherheitsanforderungen geben kann.

Die Erfüllung der wesentlichen Anforderungen des CRA kann die Einhaltung bestimmter Anforderungen der Maschinenverordnung erleichtern, insbesondere in Bezug auf den Schutz vor Korrumpierung (Abschnitt 1.1.9) und die Sicherheit und Zuverlässigkeit von Steuerungssystemen (Abschnitt 1.2.1). Hersteller müssen diese Synergien jedoch nachweisen, beispielsweise durch die Anwendung harmonisierter Normen oder anderer technischer Spezifikationen, die auf einer Risikobewertung basieren.

Um Kohärenz zu gewährleisten, wollen die Europäische Kommission und die europäischen Normungsorganisationen bei der Vorbereitung von Normen die Konsistenz der Risikobewertung und -behandlung für beide Verordnungen fördern. Zudem plant die Kommission, Leitlinien für Hersteller bereitzustellen, um die Einhaltung der Anforderungen beider Verordnungen zu erleichtern.

Was bedeutet die neue Maschinenverordnung für Unternehmen?

Für Hersteller von Maschinen bedeuten diese neuen Anforderungen zunächst einen erhöhten Aufwand. Sie müssen ihre Entwicklungsprozesse anpassen und möglicherweise zusätzliches Fachwissen im Bereich Cybersicherheit aufbauen. Insbesondere müssen sie:

  • Risikoanalysen durchführen, die auch Cybersicherheitsaspekte berücksichtigen
  • Cybersicherheit von Anfang an in das Design ihrer Produkte integrieren
  • Umfassende Dokumentation der implementierten Sicherheitsmaßnahmen erstellen
  • Mechanismen für regelmäßige Sicherheitsupdates entwickeln
  • Schulungen und Informationsmaterial für Anwender bereitstellen

Auf lange Sicht bietet die Verordnung jedoch auch Chancen: Sie schafft einheitliche Standards innerhalb der EU und kann so das Vertrauen in europäische Produkte stärken. Zudem können Unternehmen, die frühzeitig in Cybersicherheit investieren, sich einen Wettbewerbsvorteil verschaffen.

Für Anwender von Maschinen bedeutet die neue Verordnung ein höheres Maß an Sicherheit. Sie können darauf vertrauen, dass die von ihnen gekauften Produkte grundlegende Cybersicherheitsstandards erfüllen.

Wichtige Termine und Fristen zur Maschinenverordnung

Die neue Maschinenverordnung (EU) 2023/1230 wurde am 14. Juni 2023 verabschiedet, jedoch treten verschiedene Teile zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Kraft.

Besonders wichtig ist der 20. Januar 2027 – bis zu diesem Datum gilt die bisherige Maschinenrichtlinie 2006/42/EU parallel weiter. Produkte, die vor diesem Stichtag in Verkehr gebracht werden, können noch mit einer Konformitätserklärung nach der alten Richtlinie ausgeliefert werden. Ab dem 20. Januar 2027 müssen alle neu in Verkehr gebrachten Produkte die Anforderungen der neuen Verordnung erfüllen.

Hersteller können jedoch schon jetzt Anforderungen der neuen Verordnung, wie beispielsweise zur Cybersecurity, berücksichtigen. Zudem ermöglicht die EU-Kommission seit Juli 2024 eine kombinierte EG-/EU-Konformitätserklärung, um den Übergang zu erleichtern.

Einige Teile der Verordnung traten früher in Kraft, darunter Regelungen zu Konformitätsbewertungsstellen (seit 20. Januar 2024) und Befugnisse der EU-Kommission zum Erlass delegierter Rechtsakte (seit 20. Juli 2024).

Unternehmen sollten sich frühzeitig mit den Änderungen vertraut machen, um nach Ablauf der Übergangsfrist alle Anforderungen zu erfüllen und ihre Produkte weiterhin in der EU bereitstellen zu können.

Fazit und Ausblick: Die Zukunft der Cybersicherheit im Maschinenbau

Die neue Maschinenverordnung markiert einen Wendepunkt in der vernetzten Industrie. Sie etabliert erstmals verbindliche Cybersicherheitsstandards für Maschinen und zugehörige Produkte, was die Sicherheit und Integrität in einer zunehmend vernetzten Fertigungsumgebung erheblich stärkt. Obwohl die Umsetzung für viele Unternehmen zunächst eine Herausforderung darstellt, bietet sie langfristig erhebliche Chancen.

Die Verordnung schafft nicht nur einheitliche Standards innerhalb der EU, sondern stärkt auch das Vertrauen in europäische Produkte auf dem globalen Markt. Unternehmen, die frühzeitig in Cybersicherheit investieren, können sich einen bedeutenden Wettbewerbsvorteil verschaffen. Für Anwender bedeutet die neue Regelung ein höheres Maß an Sicherheit und Zuverlässigkeit bei den von ihnen eingesetzten Maschinen.

Besonders hervorzuheben ist, dass die frühzeitige Beschäftigung mit dem Thema Cybersecurity nicht nur im Hinblick auf die Maschinenverordnung, sondern auch auf den Cyber Resilience Act (CRA) von großer Bedeutung ist. Die Synergien zwischen diesen beiden Regelwerken ermöglichen es Unternehmen, ihre Bemühungen im Bereich der Cybersicherheit zu bündeln und sich effizient auf zukünftige regulatorische Anforderungen vorzubereiten.

Blickt man in die Zukunft, ist zu erwarten, dass Cybersicherheit im Maschinenbau weiter an Bedeutung gewinnen wird. Die zunehmende Vernetzung und Digitalisierung von Produktionsanlagen wird neue Herausforderungen mit sich bringen, aber auch Innovationen vorantreiben. Es ist wahrscheinlich, dass wir in den kommenden Jahren eine engere Integration von IT- und OT-Sicherheit sowie die Entwicklung spezialisierter Sicherheitslösungen für den Maschinenbau sehen werden.

Unternehmen sollten die Zeit bis zum vollständigen Inkrafttreten der Verordnung nutzen, um ihre Prozesse anzupassen, Fachwissen aufzubauen und innovative Lösungen zu entwickeln. Nur so können sie die Chancen der neuen Regulierung voll ausschöpfen und sich für die Herausforderungen der Zukunft rüsten.

Unterstützung bei der Umsetzung der neuen Maschinenverordnung

Die Umsetzung der neuen Maschinenverordnung stellt für viele Unternehmen eine komplexe Aufgabe dar. Unser erfahrenes Team von Experten für Cybersicherheit und Regulierungen im Maschinenbau bietet umfassende Unterstützung bei der Implementierung und Einhaltung dieser wichtigen Vorschrift:

  • Der Durchführung von Risikoanalysen unter Berücksichtigung von Cybersicherheitsaspekten
  • Der Integration von Cybersicherheit in Ihre Produktentwicklungsprozesse
  • Der Erstellung umfassender Dokumentationen zu Sicherheitsmaßnahmen
  • Der Entwicklung von Mechanismen für regelmäßige Sicherheitsupdates
  • Der Schulung Ihrer Mitarbeiter und der Erstellung von Informationsmaterial für Ihre Kunden

Wir verstehen die individuellen Anforderungen verschiedener Branchen und passen unsere Beratungsleistungen Ihren spezifischen Bedürfnissen an. Unser Ziel ist es, Ihnen nicht nur bei der Einhaltung der Maschinenverordnung zu helfen, sondern auch die Sicherheit und Resilienz Ihrer Produkte nachhaltig zu stärken.

Kontaktieren Sie uns für ein unverbindliches Erstgespräch, in dem wir gemeinsam besprechen, wie wir Sie bei der effizienten und effektiven Umsetzung der Maschinenverordnung unterstützen können.